Dezember 5, 2024

Adlercreutzia – noch so jemand

Hier kann Adlercreutzia auch nicht mehr helfen

Adlercreutzia equolifaciens ist ein kommensales Darmbakterium, das erst vor wenigen Jahren in Japan isoliert wurde. Das ist in diesem Fall wichtig, denn hätte man es im westlichen Teil der Welt entdeckt, hätte es sicher einen anderen Namen erhalten. Aber dazu später mehr.

Das Bakterium wurde zu Ehren des norwegischen Forschers Herman Adlercreutz benannt, der sich intensiv mit der Forschung an Phytoöstrogenen, also Pflanzenstoffen mit Hormonwirkung, beschäftigt hat. Auch der Artname verrät schon, was man von Adlercreutzia erwartet. Equolifaciens bedeutet „Equol produzierend“. Equol ist ein solches Phytoöstrogen, das aus Isoflavonen aus Hülsenfrüchten, wie zum Beispiel Soja, stammt.

Adlercreutzia gehört zum Stamm der Actinobacteria und ist nahe mit Eggerthella verwandt. Zurzeit gibt es drei verschiedene Arten, A. equolifaciens, A. rubneri und A. hattorii. Die beiden letzten sind aber so nah miteinander verwandt, dass sie wohl in Wirklichkeit derselben Art angehören.

Aber von Adlercreutzia equolifaciens gibt es quasi zwei Arten, wenn auch nicht im biologischen Sinn. Das Bakterium ist weltweit nicht nur bei Menschen, sondern auch anderen Tieren, wie Ratten oder Mäusen, verbreitet. In Asien herrscht der Typ vor, der seinem Namen Ehre macht und tatsächlich aus Daidzein, einem Isoflavon aus Sojabohnen, Equol macht. In der westlichen Welt können das nur noch die Adlercreutzien, die im Darm von Mäusen leben. Nur 30 – 50 % der Menschen mithilfe ihrer Darmbakterien Equol aus Daidzin bekommen.

(Das ist so interessant. Equol hat eine viel stärkere Hormonwirkung als Daidzin. Und heißt es nicht immer, dass Japanerinnen den Phytoöstrogenen aus Sojabohnen so viel Gutes für ihre Gesundheit verdanken? Aber in den Därmen der westlichen Welt herrscht der Typ vor, der kein Equol produzieren kann. Zumindest beim Menschen. Bei Mäusen ist die asiatische Variante verbreitet. Die typische westliche Ernährung wurde in dem Zusammenhang auch angesprochen. Kann es sein, dass die Produkte der Lebensmittelindustrie A. equolfaciens aus unserem Mikrobiom vertreibt? – nur so meine persönlichen Gedanken. Jetzt geht’s weiter)

Adlercreutzia macht sich bei Lebererkrankungen rar

Und dann, 15 Jahre später, interessierten sich Forschende für dafür, ob und wie das Darm-Mikrobiom bei Lebererkrankungen verändert ist. Nichtalkoholische Fettleber ist mittlerweile recht weit verbreitet. Unbehandelt schreitet die Krankheit immer weiter fort und endet mit einer Leberzirrhose. Medikamente dagegen gibt es bisher wohl nicht, deswegen setzt die Medizin auf Diät und einen angepassten Lebensstil.

Jedenfalls verglichen die Forschenden die Mikrobiome von Menschen mit einer nichtalkoholschen Steatohepatitis, (NASH), einem Zustand, indem bereits Entzündungen auftreten, mit Gesunden, die aber trotzdem bereits eine Fettleber hatten. Sie konnten 21 Genome (und damit Bakterien) ausfindig machen, die sich bei den beiden Gruppen unterschieden. Nur zwei davon konnten sie bekannten Bakterien zuordnen. (Da sieht man, wie viele unbekannte Organismen noch in unseren Därmen leben.)

Eine der identifizierten Arten war Escherichia coli, ein Proteobakterium und DAS klassische Darmbakterium, noch aus der Zeit, als kein Hahn nach Mikrobiomen und Mikrobiota gekräht hat.

Die andere war Adlercreutzia eloquifaciens. Diese Bakterien fanden die Forschenden vor allem unter den Darmbakterien der gesunden Individuen. Bei den Leberkranken ging die Zahl zurück. Je weiter die Krankheit fortgeschritten war, desto weniger Adlercreutzia befand sich unter den Bakterien. Das weckt den Verdacht, dass da irgendein Zusammenhang besteht. Die Adlercreutzia Population ist auch bei anderen Krankheitsbildern ausgedünnt. Colitis ulcerosa nennen die Autoren da.

Was macht Adlercreutzia?

Wie viele positive Darmbakterien wirkt Adlercreutzia entzündungshemmend. Sie unterdrückt NF-κB, einen wichtigen entzündungsfördernden Signalweg. Das zeigten in vitro Experimente.

Darauf folgten ziemlich fiese in vivo Experimente. Mäusen wurde mithilfe von Antibiotika das eigene Mikrobiom entfernt. Anschließend erhielten sie eine Stuhltransplantation von Spendern, die an NASH litten. Diese Mäuse erhielten außerdem eine Diät, die reich an Fett und Fruchtzucker war. Sie erhielten außerdem jeden Tag eine Dosis Adlercreutzia.

Die Mäuse, die Adlercreutzia eingenommen hatten, legten weniger an Gewicht zu als die Placebogruppe. Den Krankheitsstatus konnten sie aber nicht beeinflussen. Der Gehalt der kurzkettigen Fettsäure Butyrat stieg leicht, aber ohne statistische Signifikanz, zudem stiegen die verzweigtkettigen Fettsäuren Isobutyrat und Isovalerat. Vor allem im Blinddarm sank die Expression von IL-6, einem entzündungsfördernden Zytokin.

Man kann davon ausgehen, dass das namensgebende Equol für diese mageren Effekte nicht verantwortlich ist, denn bei weiten nicht alle Stämme von A. eloquifaciens verfügen über die dafür notwendigen Gene.

Fazit:

Adlercreutzia ist ein positives Darmbakterium, das mengenmäßig nicht so sehr ins Gewicht fällt, für ein gesundes Mikrobiom aber eine Rolle zu spielen scheint. Das glauben zumindest die Autoren, der Studien, die ich gelesen habe. Allerdings hatten die Forschenden noch knapp zwanzig andere Bakterien entdeckt, deren Population ebenfalls bei Lebererkrankungen schwankt. Adlercreutzia kann übrigens Resveratrol abbauen und gedeiht gut, wenn die semi-essenzielle Aminosäure Arginin zur Verfügung steht. Arginin hat noch andere gesundheitsfördernde Effekte. Da darf man gerne mal zuschlagen. Und Resveratrol steckt unter anderem ausgerechnet in Rotwein.

Quellen:

Maruo, Toshinari et al. “Adlercreutzia equolifaciens gen. nov., sp. nov., an equol-producing bacterium isolated from human faeces, and emended description of the genus Eggerthella.” International journal of systematic and evolutionary microbiology vol. 58,Pt 5 (2008): 1221-7. doi:10.1099/ijs.0.65404-0

Oñate, Florian Plaza et al. “Adlercreutzia equolifaciens Is an Anti-Inflammatory Commensal Bacterium with Decreased Abundance in Gut Microbiota of Patients with Metabolic Liver Disease.” International journal of molecular sciences vol. 24,15 12232. 31 Jul. 2023, doi:10.3390/ijms241512232

3 Gedanken zu “Adlercreutzia – noch so jemand

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