März 12, 2025

Parasutterella

Kartoffelstärke vermehrt Parasutterella auf unbekannten Wegen

Parasutterella ist eine Gattung von Darmbakterien, die zum Stamm der Proteobakterien gehört. Proteobakterien haben einen eher schlechten Ruf, aber sie können sowohl gut oder schlecht für ihren Wirt sein.

Auf jeden Fall sind sie nach Firmicutes und Bacteroidetes der dritthäufigste Stamm in unserem Darm. Im Jahr 2009 isolierten japanische Forschende das Bakterium aus dem Darm eines gesunden 29-jährigen Mannes.

Es gelang ihnen das Bakterium zu kultivieren und deshalb konnten sie die neue Art euch halbwegs beschreiben. Aber in vielen Datenbanken war die für die Identifizierung entscheidende DNA Sequenz schon vorhanden. Man hatte das Bakterium schon oft aus Därmen gefischt, aber nicht näher untersucht. Es scheint sich um eine geläufige, weit verbreitete Art zu handeln.

Den Namen Parasutterella erhielten die Neulinge wegen ihrer genetischen Ähnlichkeit zu ihrer Schwestergattung Sutterella. Bisher gibt es zwei Arten, P. excrementihominis, der Exkremente des Menschen, und P. sekunda, die zweite. Hier hat man sich bei der Namensgebung deutlich weniger Mühe gegeben.

Parasutterella ist asaccharolytisch, kann also keine Zucker verwerten. Dafür besitzt sie einen reichen Schatz an Aminopeptidasen. Das sind Enzyme, die Proteine abbauen. Zucker im Kulturmedium regt ihr Wachstum nicht an, aber Gallensäuren. Und manche Aminosäuren, wie Asparagin und Aspartat.

Parasutterella vermehrt sich bei Kohlenhydraten und senkt das LDL

Mittlerweile gibt es Studien, die zeigen, dass Parasutterella bei kohlenhydratreicher Ernährung in größerer Menge im Darm vorhanden ist. Das ist interessant, wo sie doch keinen Zucker verwerten kann. Wahrscheinlich ist sie auf irgendwelchen Abfall von anderen Darmbakterien zur Energiegewinnung angewiesen. Man nennt das Cross-Feeding.

Eine Studie zeigte, dass Parasutterella sich im Darm vermehrt, wenn man ihr resistente Stärke, in dem Fall aus Kartoffeln, anbietet. Mit dieser Eigenschaft macht sie Bifidobacterium und Ruminicoccus Konkurrenz. Die galten bisher als die wichtigsten Konsumenten von resistenter Stärke.

Parasutterella vermehrt sich im Darm also durch resistente Stärke. Und gleichzeitig sinkt der Spiegel an LDL. Das ist das schlechte Cholesterin. Andere Blutwerte, die sich ebenfalls auf die metabolische Gesundheit auswirken (Gesamtcholesterin, Triglyceride, HDL, Blutzucker und Insulin) veränderten sich nicht. Das wäre doch prima: Darmbakterien optimieren die Cholesterinwerte.

Fettreiche Ernährung (HFD) scheint Parasutterella dagegen nicht zu mögen. In mehreren Tiermodellen und Studien am Menschen ging die Zahl dieser Bakterien als Reaktion auf die fettreiche Ernährung (HFD) deutlich zurück. Das lässt auf eine negative Korrelation zwischen der Parasutterella-Häufigkeit und HFD schließen.

Parasutterella siedelt im Mäusedarm und tut nichts

Eine andere Gruppe versuchte, die Rolle von Parasutterella im Darm-Mikrobiom zu definieren. Sie infizierten Mäuse mit den Bakterien und stellten fest, dass im Prinzip gar nichts passiert. Die Zusammensetzung der Bakteriensgesellschaft änderte sich jedenfalls nicht. Aber auch sechs Wochen nach Versuchsende waren die Bakterien immer noch im Darm der infizierten Mäuse nachweisbar. Das ist ungewöhnlich, denn Neulingen fällt es oft schwer, dauerhaft im Darm zu siedeln.

In den Mausstudien beeinflusste Parasutterella das Metabolom, die gesamte Stoffwechselleistung der Mikrobioms. Viele der veränderten Stoffwechselprodukte konnten nicht identifiziert werden. Unter den bekannten fanden die Forschenden vermehrt verschiedene Abbauprodukte der aromatischen Aminosäuren Tryptophan und Tyrosin. Die Abbauprodukte von Tryptophan werden immer noch skeptisch gesehen. Aber es sind viele darunter, die uns gute Dienste leisten.

Möglicherweise ist Parasutterella auch am Stoffwechsel sekundärer Gallensäuren beteiligt. Gallensäuren werden von Darmbakterien umgebaut und können dann in unserem Stoffwechsel regulatorische Funktionen erfüllen. Gallensäuren werden in der Leber gebildet und kehren über den enterohepatischen Kreislauf zu ihr zurück. Bei Patienten, die an alkoholbedingter Hepatitis leiden, fand sich auffallend wenig Parasutterella. Die Bakterien könnten also für die Leber eine schützende Funktion haben.

Dem Immunsystem gegenüber verhielt sich Parasutterella in diesen Studien friedlich und gab keinen Anlass zur Produktion entzündungsfördernder Zytokine.

Die Kohlenhydrat-Parasutterella-Fettsäuresynthese-Achse

Und dann haben wieder andere Forschende noch eine Achse entdeckt: die Kohlenhydrat-Parasutterella-Fettsäuresynthese-Achse. Sie stellten fest, dass Übergewichtige mehr Parasutterella im Darm beherbergen als Schlanke, und dass die Bevölkerungsdichte mit dem BMI steigt oder fällt.

Außerdem korreliert Parasutterella positiv mit Diabetes Typ 2 und verschiedenen Messwerten, die damit in Zusammenhang stehen, wie Nüchternblutzucker- und Insulinwerte und Triglyceride.

Kohlenhydrate fördern Parasutterella

Die Forschenden dokumentierten die Ernährungsgewohnheiten der Probanden über einen Zeitraum von 12 Monaten und fanden heraus, dass das der Gehalt an Kohlenhydraten positiv mit der Anzahl von Parasutterella korrelierte. Vor allem bei Monosacchariden, wie Glukose und Fructose bestand ein enger Zusammenhang. Interessant, weil diese Bakterien ja asaccarolytisch sind und keinen Zucke verwerten können.

Der Fettgehalt der Nahrung korrelierte dagegen negativ mit dem Vorkommen von Parasutterella. Hier war es Linolensäure, eine mehrfach ungesättigte ω3-Fettsäure, die besonders auffiel.

Je mehr Kohlenhydrate und je weniger Fett, desto geringer die Anzahl von Parasutterella.

Mikrobiome und Metabolite ändern sich

Anders als andere Teams, die keinen Unterschied fanden, fand diese Gruppe deutliche Unterschiede in der Diversität der Mikrobiome. War wenig Parasutterella vorhanden war die Artenvielfalt insgesamt reduziert.

Aber im Grunde heißt das nicht viel, denn in Abhängigkeit von Parasutterella verändert sich die Stoffwechselleistung des Mikrobioms deutlich. Die Forschenden fanden über 100 Stoffwechselprodukte, deren Konzentration sich veränderte. Viele davon konnten sie gar nicht identifizieren.

Unter den bekannten Verbindungen war L-Cystein, eine schwefelhaltige Aminosäure. Man fand eine umgekehrte Korrelation. Je mehr Parasutterella, desto weniger L-Cystein. Es stellte sich heraus, dass Parasutterella ein starker Konsument dieser Aminosäure ist. L-Cystein ist irgendwie an der Kontrolle des Blutzuckerspiegels beteiligt, besitzt also antidiabetische Eigenschaften. Da steigt die Gefahr, einen Diabetes zu entwickeln, wenn die Bakterien das Cystein sie wegknabbern.

Außerdem kurbeln diese Bakterien die Synthese von Fettsäuren an. Diese Bakterien sind ohnehin ein besonders guter Indikator für Fettleibigkeit. Sie ranken unter den Top 3 der Bakterien, deren Bevölkerungszahl im Zusammenhang mit Fettleibigkeit am stärksten variieren. Damit lässt sich Fettleibigkeit über einen hohen Gehalt an Parasutterella besser klassifizieren als über ein niedriges Vorkommen von Akkermansia, einem Bakterium, das bei schlanken, sportlichen Menschen vorkommt.

So sieht’s aus:

Eine verwirrende Geschichte. Die einen halten Parasutterella für einen wertvollen Symbionten, der das schlechte LDL senken kann, die anderen für Diabetes fördernde Problembakterien.

Quellen:

Nagai, Fumiko et al. “Parasutterella excrementihominis gen. nov., sp. nov., a member of the family Alcaligenaceae isolated from human faeces.” International journal of systematic and evolutionary microbiology vol. 59,Pt 7 (2009): 1793-7. doi:10.1099/ijs.0.002519-0

Ju, Tingting et al. “Defining the role of Parasutterella, a previously uncharacterized member of the core gut microbiota.” The ISME journal vol. 13,6 (2019): 1520-1534. doi:10.1038/s41396-019-0364-5

Bush, Jason R, and Michelle J Alfa. “Increasing levels of Parasutterella in the gut microbiome correlate with improving low-density lipoprotein levels in healthy adults consuming resistant potato starch during a randomised trial.” BMC nutrition vol. 6,1 72. 11 Dec. 2020, doi:10.1186/s40795-020-00398-9

Henneke L, Schlicht K, Andreani NA, Hollstein T, Demetrowitsch T, Knappe C, Hartmann K, Jensen-Kroll J, Rohmann N, Pohlschneider D, Geisler C, Schulte DM, Settgast U, Türk K, Zimmermann J, Kaleta C, Baines JF, Shearer J, Shah S, Shen-Tu G, Schwarz K, Franke A, Schreiber S, Laudes M. A dietary carbohydrate – gut Parasutterella – human fatty acid biosynthesis metabolic axis in obesity and type 2 diabetes. Gut Microbes. 2022 Jan-Dec;14(1):2057778. doi: 10.1080/19490976.2022.2057778. PMID: 35435797; PMCID: PMC9037427.

Bild von Couleur auf Pixabay

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