Oktober 30, 2024

Warum ist Hafer so gesund?

Hafer ist so gesund / Bild von Martin Hetto auf Pixabay

Hafer dürfte auf der Hitliste der gesunden Lebensmittel eigentlich keinen Platz einnehmen, wenn man argumentiert, dass Getreide erst seit wenigen Tausend Jahren auf unserem Speiseplan steht und daher mit Vorsicht zu genießen ist. Schließlich ist er eine der späteren Errungenschaften unserer Ernährung und ein paar tausend Jahre jünger als Weizen. Trotzdem sollten wir ihn nicht vom Tellerrand stoßen, denn Hafer ist richtig gesund.

Die Wissenschaft hat mittlerweile einiges an gesundheitsfördernden Eigenschaften von Hafer zusammengetragen. Meist beruhen sie auf seinem hohen Gehalt an β-Glukan, einem wasserlöslichen Ballaststoff. Aber Das Getreide ist auch reich an Antioxidantien, Mineralien und Antioxidantien.

Hafer bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Übergewicht und Diabetes

Das β-Glukan verleiht dem Speisebrei eine hohe Viskosität. Dadurch bildet sich im Dünndarm eine Schutzschicht, die die Aufnahme der Nährstoffe, vor allem von Glucose und Cholesterin, verlangsamt.

Dadurch sinkt der glykämische Index,m die Mahlzeit belastet den Blutzuckerspiegel weniger stark, die Insulinausschüttung fällt weniger hoch aus. Insgesamt wirkt das Diabetes entgegen.

Es wird weniger Cholesterin aus der Nahrung aufgenommen und die Produktion von Gallensäuren wird angeregt. Die werden ebenfalls aus Cholesterin gemacht und so sinkt die Bilanz weiter. Das β-Glukan aus dem Hafer wird als Ballaststoff von den Darmbakterien zu kurzkettigen Fettsäuren fermentiert. Auch die wirken sich positiv auf den Fettstoffwechsel aus.

Und nicht zuletzt wirkt das β-Glukan aus Hafer stark sättigend. Nicht nur mechanisch, weil es den Magen füllt und die Entleerung hinauszögert. Es aktiviert auch die Darm-Hirn-Achse und stärkt das hormonell bedingte Sättigungsgefühl.

Hafer und die Darmflora

Ballaststoffe sind ja die Leibspeise der Bakterien, zumindest der im Dickdarm. Mit den β-Glukanen aus Hafer erhalten sie eine ordentliche Extraportion Futter. Das bleibt nicht ohne Folgen, und die guten Darmbakterien vermehren sich und solche, die schlank machen. Bifidobakterien sind das oder auch cellulolytische Bakterien wie Ruminococcus. Insgesamt wirkt sich Hafer also positiv auf die Darmgesundheit aus. Hafer enthält auch reichlich resistente Stärke und auch die nährt die Darmbakterien. Und auch das hafertypische Phenol Avenanthramid könne die Darmbakterien abbauen und bioaktive Stoffwechselprodukte daraus herstellen, die bei Übergewicht entgegenwirken und das Wachstum schädlicher Bakterien hemmen. Hafer besitzt tatsächlich auch antimikrobielle Aktivität, auch gegen Parasiten und Pilze.

Hafer und Zöliakie

Gluten, das Klebereiweiß in Weizen und verwandten Getreidearten, kann für empfindliche Därme ein großes Problem darstellen. Zöliakie ist eine Glutenunverträglichkeit, auf die der Körper mit Entzündungen des Darmes reagiert. Hafer gehört der Gattung Avena und die wiederum einer eigenen Familie an. Er ist also gar nicht so nah mit Weizen verwandt. Die Körner enthalten reichlich Proteine, aber kein Gluten. Zwar gibt es ähnliche Proteine, die aber weniger gefährlich sind als das Klebereiweiß aus Weizen. Eine Studie zeigte, dass bei einer langjährigen haferhaltigen Ernährung keine Schäden an der Mucosa des Dünndarms auftraten. Dabei waren schon 24g Hafer täglich ausreichend.

Was Hafer sonst noch drauf hat

Hafer enthält reichlich bioaktive Verbindungen, wie Vitamin E, Polyphenole, wie sein eigenes, Avenathramid. Damit wirkt er antioxidativ und entzündungshemmend. Sein β-Glukan regt die Bildung von Cytokinen an. Dadurch wirkt er immunmodulierend.

Sowohl β-Glukan als auch wirken hemmend auf verschiedene Arten von Krebs. Sie fördern die Apoptose der Krebszellen, schicken sie also in den Selbstmord, schwächen das Tumorgeschehen und hemmen das Wachstum der Krebszellen.

Bei Atherosklerose macht er sich nützlich, indem sich sein Avenathramid förderlich auf die Synthese von Stickstoffmonoxid (NO) auswirkt und das Wachstum der glatten Muskulatur hemmt. Atherosklerose äußert sich unter anderem durch eine übermäßige Proliferation der glatten Muskulatur NO wirkt entspannend auf die glatte Muskulatur, die die Blutgefäße umgibt.

Kolloidales Hafermehl bei Hautproblemen

Kolloidales Hafermehl ist einfach eine andere Bezeichnung für gemahlene Haferkörner. Sie helfen bei Juckreiz und allergischen Hautproblemen, bei Schuppenflechte und atopischer Dermatitis, Akne und viralen Infektionen der Haut. Und vor UV Strahlen schützt es auch.

Die β-Glukane dringen tief in die Haut ein, reduzieren Falten und glätten raue Haut.

Was steckt in den Körnern?

Stärke

Im Vergleich zu anderem Getreide enthält Hafer relativ wenig Kohlenhydrate, nur knapp 60 %. Stärke gibt es ja in verschiedenen Formen und sie wird unter anderem nach ihrer Verdaulichkeit in Gruppen eingeteilt. Da gibt es schnell verdauliche Stärke, die den Blutzuckerspiegel besonders schnell nach oben treibt, langsam verdauliche Stärke und resistente Stärke, die unverdaulich ist.

In nativer Form besteht die Stärke des Hafers zu 40 % aus langsam verdaulicher und etwa 30 % resistenter Stärke.

Die resistente Stärke ist im rohen Korn für die Verdauungsenzyme unzugänglich, man nennt das Typ 2 RS. Ein kleiner Teil, etwa 5 %, liegt in einem Komplex mit Fetten vor und wird dadurch unverdaulich. Das nennt man den Typ 5 RS.

Beim Kochen wandelt sich ein Teil der Typ 2 RS in retrogradierte Stärke um, Typ RS3. Insgesamt steigt der glykämische iIndex von Hafer aber, je stärker die Körner verarbeitet sind. Und er kann in der Tat astronomische Werte annehmen.

β-Glukane

Hafer enthält circa 10 % Ballaststoffe und die Hälfte davon sind β-Glukane. Sie befinden sich in den Zellwänden des Samenkorns. β-Glukane sind lineare Polysaccharide, also Vielfachzucker, die ausschließlich aus Glucose bestehen, die zum Teil auch noch genau so miteinander verknüpft ist, wie in der Stärke, nämlich β-(1, 4). Aber eine Folge von zwei bis drei Glucosemolekülen wird durch eine andere Verknüpfung unterbrochen. Diese andere Bindung, β-(1, 3) löst die Molekülstruktur auf und mach das Ganze wasserlöslich, aber auch viskos. Die Stärke ist in diese viskose Umgebung eingelagert. Umgeben von hochmolekularem β-Glukan ist auch die Stärke schwer zugänglich.

Proteine

Hafer enthält 10 – 15 % Proteine, aber kein Gluten. Das Aminosäureprofil ist ziemlich ausgewogen und lässt keinen Aminosäuremangel befürchten.

Phenolische Verbindungen

Hafer ist eine gute Quelle für Flavonoide, Phenolsäure, Lignane und das hafereigene Avenanthramid. Phenole hemmen stärkeabbauende Enzyme und hemmen möglicherweise die Glucoseaufnahme im Dünndarm. Dadurch verlangsamen sie die Verdauung von Kohlenhydraten und die Resorption der Glucose. Allgenein korreliert der Phenolgehalt von Nahrung negativ mit dem Glykämischen Index. Je mehr Phenole, desto niedriger der GI.

Die Zubereitung macht große Unterschiede im GI

Erhitzen lässt die Stärke gelatinieren. Das macht sie für die abbauenden Enzyme besser zugänglich und der GI steigt. Außerdem nimmt die Größe der β-Glukane ab.

Beim Abkühlen kristallisiert die Stärke wieder aus und es entsteht resistente Stärke, der GI nimmt wieder ab.

Durch Fermentation oder Keimung steigt der Gehalt an phenolischen Verbindungen. Auch dadurch sinkt der GI.

Mechanische Prozesse wie Mahlen, Walzen, Schroten oder Schälen reduzieren die Partukelgröße und machen das (ehemalige) Korn anfällig. Auch dadurch steigt der GI.

Am besten wäre es also, Hafer möglichst unverarbeitet zu verwenden. Das wäre aber ziemlich praxisfern, denn sogar Haferflocken werden gedarrt, um den Geschmack und die Haltbarkeit zu verbessern. Aber grobe Flocken sind günstiger als feine. Und Müsli oder kalte Overnight Oats besser als Porridge. Beim Erwärmen scheint die Mikrowelle den GI am wenigsten in die Höhe zu treiben.

Der GI verschiedener Haferprodukte:

ProduktGI
Haferkorn ganz43
Haferkorn geschält64
Haferflocke grob72-78
Haferflocke fein99-114
Hafermehl54-92
Haferkleie34-66

Hafer ist ein Naturprodukt. Das erklärt die breite Varianz der Werte. Die genaue Zusammensetzung der Körner hängt von den Anbaubedingungen ab. Bioware hat oft einen höheren Gehalt an Phenolen, weil die der Pflanze zur Verteidigung gegen Fressfeinde dienen.

Grobe Haferflocken werden aus ganzen Körnern, feine aus Haferschrot hergestellt, sind also stärker verarbeitet. Sieger sind ganz klar die Haferkleie. Die schmecken übrigens sehr lecker.



Quellen:

Paudel, Devendra et al. “A Review of Health-Beneficial Properties of Oats.” Foods (Basel, Switzerland) vol. 10,11 2591. 26 Oct. 2021, doi:10.3390/foods10112591

Zhang, Kailong et al. “Oat-Based Foods: Chemical Constituents, Glycemic Index, and the Effect of Processing.” Foods (Basel, Switzerland) vol. 10,6 1304. 7 Jun. 2021, doi:10.3390/foods10061304

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