Prevotella ist im Jahr 1990 als eigene aus verschiedenen Bacteroides Arten hervorgegangen. Das passiert schon mal, dass Bakterien neu klassifiziert werden, vor allem, seit moderne molekularbiologische Methoden zur Verfügung stehen, mit deren Hilfe man nicht auf Äußeres oder Stoffwechselleistungen als Grundlage der Analyse angewiesen ist. Lactobacillus kann ein Lied davon singen.
Jedenfalls ist Prevotella eng mit Bacteroides verwandt, die beiden haben einen gemeinsamen Vorfahren und sind sich auch ansonsten sehr ähnlich – wie Menschen und Schimpansen 😉 .
Die beiden Gattungen sind sogar namensgebend für sogenannte Enterotypen des Mikrobioms, in denen sie überwiegend vorkommen. Man stellt fest, dass bei sogenannter westlicher Ernährung Bacteroides gut gedeiht, während bei bäuerlicher Ernährung, mit wenig industriell verarbeiteten Produkten, Eiweiß und Fett, dafür aber reich an Ballaststoffen, Prevotella das Mikrobiom des Darmes dominiert.
Prevotella ist weit verbreitet, nicht nur bei Säugetieren, sondern quer durch’s Tierreich. Beim Menschen kommen die anaeroben Stäbchen auch im Mund oder Vaginalmikrobiom vor. Sie sind also nicht auf den Darm beschränkt.
Im Darm dominieren aber zwei Arten, P. copri und P. stercorea. Forschende finden aber im Darm noch weitere Prevotella ähnliche Bewohner, die noch nicht näher charakterisiert sind. Zurzeit gibt es rund 50 Arten dieser Bakterien, aber es dürften noch einige dazukommen.
Ist Prevotella gut oder böse?
Darüber ist man sich noch nicht einig. Die Bakterien wirken sich positiv aus, indem sie beispielsweise den Zuckerstoffwechsel stabilisieren oder viszerales Fett verbrennen. P. copri wird aber auch mit Insulinresistenz, Bluthochdruck und entzündlichen Darmerkrankungen und weiteren Krankheitsbildern in Verbindung gebracht. Da ist die Wissenslage noch nicht eindeutig und weitere Forschung nötig. Zurzeit meinen Experten, dass man weder zu viel noch zu wenig Prevotella beherbergen sollte.
So gedeiht und nährt sich die Kaffeetante
Wie ihre nächsten Verwandten ist Prevotella ein Meister darin, verzwickte Polysaccharide in Einfachzucker zu zerlegen. Die sind auch als Ballastsoffe oder Präbiotika bekannt. Vor allem P. copri kann Hemicellulosen und Pektin gut abbauen, während sich P. stercorea auf Oligosaccharide (also kleinere Moleküle) und Glycoproteine spezialisiert hat. Auch Aminosäuren kann es besser verarbeiten, verträgt also eiweißreiche Kost. Außerdem besitzt es Sialinsäure abbauende Enzyme. Ein Beispiel wäre Glycolylneuraminsäure, ein Bestandteil von rotem Fleisch. Neben Pflanzenfasern kann es anscheinend auch mit tierischer Kost gut gedeihen. Welche Art dominiert hängt dann auch von der Ernährungsweise ab. Aber Kaffee mögen sie alle. Kaffee war in einer Studie über alle Testgruppen hinweg das einzige Nahrungsmittel, das konsequent den relativen Anteil von Prevotella unter den Darmbakterien erhöhte. Auch mit Ballaststoffen kann man sie fördern.
Quelle:
Yeoh, Yun Kit et al. “Prevotella species in the human gut is primarily comprised of Prevotella copri, Prevotella stercorea and related lineages.” Scientific reports vol. 12,1 9055. 31 May. 2022, doi:10.1038/s41598-022-12721-4
Ein Gedanke zu “Prevotella, die Kaffeetante”