März 29, 2024

Blautia freut sich über Zitronen

Blautia schätzt die Polyphenole aus Zitrusfrüchten

Wenn dir das Leben Zitronen gibt, mach Limonade! Oder füttere deine Darmbakterien damit: vor allem Blautia. Noch so jemand. Darmbakterien, die das Zeug zum Probiotikum haben könnten, weil sie sich anscheinend ziemlich positiv im Darm auswirken.

Blautia gehört zu den Firmicutes, wie so viele gute Darmbakterien, genauer zur Familie der Lachnospiraceae, wie sehr viele der Firmicuten im Darm. Einige Arten hat man kürzlich aus den Gattungen Ruminococcus und Clostridium übergesiedelt. Zwanzig Arten umfasst die Gattung im Augenblick. Im Darm kommen B. wexlerae und B. luti häufig vor und gehören zu den dominanten Bakterienarten in diesem Ökosystem.

Und warum sollten wir uns über Blautia nun freuen?

Angehörige der Gattung lindern Entzündungen und metabolische Erkrankungen. Bei Übergewicht und Diabetes Typ 2 stellt sich in Studien regelmäßig heraus, dass es zu wenig Blautia unter den Darmbakterien gibt

Blautia aktiviert Polyphenole…

Polyphenole sind sekundäre Pflanzenstoffe, die viele positive Effekte auf unsere Gesundheit haben könnten. Sie wirken nicht nur als Antioxidantien, schützen also vor Stress durch aggressive Sauerstoffverbindungen, sondern lassen kaum einen Angriffspunkt in unserem Stoffwechsel unberührt – im positiven Sinne. Blautia scheint sich vor allem für Polyphenole aus Zitrusfrüchten zu interessieren.

Die Studien zu Polyphenolen stammen aber in erster Linie aus Versuchen an Zellkulturen und es ist leider nicht klar, ob und wie Polyphenole auch in situ, also in unseren Organen wirken. Polyphenole liegen oft als Glycosid vor, also an einen Zucker gebunden und dann ist der Transport über die Darmwand oft sehr schwer. Diese Polyphenol-Glycoside landen dann im Dickdarm und hier kommt Blautia ins Spiel. Sie kann die Polyphenole so bearbeiten, dass sie besser resorbiert werden können.

Dieser Vorgang wird auch als Biotransformation bezeichnet: Die biologische Umwandlung von einer Verbindung in eine andere. Leider sind nicht alle biotransformierenden Aktivitäten von Blautia willkommen. Zum Beispiel kann sie primäre Gallensäuren in sekundäre Gallensäuren umwandeln. Gallensäuren werden recycelt und in die Leber zurücktransportiert. Die sekundären können dort schaden.

…und produziert fleißig sekundäre Metabolite

Blautia bearbeitet nicht nur Polyphenole, sondern produziert auch eine Reihe sekundärer Stoffwechselprodukte, von denen der Wirt ebenfalls profitieren kann, zum Beispiel Polyketide, nicht-ribosomale Peptide, Bacteriocine, Lantipeptide und Terpene.

  • Polyketide

Polyketide, sind eine heterogene Gruppe, die nur den Syntheseweg gemein haben. Sie haben oft positive pharmakologische Eigenschaften und dienen als Arzneistoffe.

  • nicht-ribosomale Peptide

Normalerweise werden Peptide, wie Proteine, an Ribosomen synthetisiert. Kleinere Peptide, mit nur wenigen Aminosäuren, können aber auch einfach von entsprechenden Enzymen hergestellt werden. Darunter findet man Antibiotika, Siderophore (Eisen bindend), Pigment, Toxine und Virulenzfaktoren.

  • Bacteriocine

Bacteriocine sind bakterielle Giftstoffe, die das Wachstum anderer Bakterien hemmen. Oft, indem sie die Hülle dieser Zellen quasi aufschlitzen. Über die Bacteriocine kann Blautia die Zusammensetzung der Bakteriengesellschaft beeinflussen.

  • Lantipeptide

Lantipeptide sind Antibiotika, die die Zellwand angreifen oder deren Synthese verhindern. Sie bestehen aus ringförmigen Peptiden.

  • Terpene

Terpene sind uns vor allen aus den ätherischen Ölen von Pflanzen bekannt.

Blautia und die Wirtsgesundheit

Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Bevölkerungsdichte von Blautia und verschiedenen Erkrankungen des Wirts, wie Übergewicht, Diabetes, Krebs und verschiedene entzündliche Erkrankungen.

Zwischen Blautia und Bauchfett besteht eine sehr deutliche negative Korrelation. Bei einem hohen Anteil an viszeralem Fett sind sie oft deutlich reduziert. Eine Studie zeigte, dass sie sich bei einer kalorienreduzierten, proteinreichen Diät vermehren. Und in einer Studie zur Gewichtsabnahme war Blautia die dominierende Art im Darm der Teilnehmergruppe, die tatsächlich an Gewicht verlor.

Typ 2 Diabetes wird oft mit Metformin behandelt. Metformin ist ein Arzneistoff, der die Neubildung von Glucose in der Leber hemmt. Das wirkt sich dann positiv auf den Blutzuckerspiegel aus. Der Wirkstoff verändert aber auch die Zusammensetzung des Mikrobioms und man findet mehr Blautia und andere Produzenten von kurzkettigen Fettsäuren (SCFA).

Wenn es um den Darm selbst geht, sind die Ergebnisse nicht so eindeutig. Bei entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn findet man wenig Blautia, auch bei Darmkrebspatienten. Wer dagegen am Reizdarmsyndrom leidet, beherbergt oft zu viel dieser ansonsten nützlichen Bakterien.

Die widersprüchlichen Ergebnisse könnten daran liegen, dass man in Studien nur die Zusammensetzung des Mikrobioms auf Gattungsebene betrachtet. Dabei können große Unterschiede zwischen verschiedenen Arten, oft sogar zwischen den verschiedenen Stämmen einer einzigen Art bestehen. (Stämme meint hier Untergruppen einer Art und die niedrigste Stufe der phylogenetischen Einteilung). Blautia ist eben nicht gleich Blautia. Und solch feine Unterschiede bestehen bei vielen symbiontischen Darmbakterien.

Falls man es doch möchte – es ist wohl keine schlechte Idee:

Was kann man Blautia Gutes tun?

Die Ernährung spielt natürlich eine große Rolle, wie immer. Mit dem richtigen Futter kann man Blautia locken und sie vermehrt sich im Darm. Zum Beispiel mit Koji.

Die Japaner sind ein ziemlich langlebiges Volk und das verdanken sie ihrer traditionellen japanischen Küche. Die enthält reichlich Fermentiertes und für die Fermentation ist oft der Koji Pilz verantwortlich. Koji ist reich an Glycosylceramiden und die wiederum schmecken Blautia ziemlich gut. Ein Zusatz von 1 % in der Nahrung von Mäusen lies den Gehalt an B. coccoides im Darm der Tiere deutlich ansteigen. Die Bakterien bauen die Glycosylceramide ab und produzieren stattdessen Fettsäuren und Sphingoide, die vom Wirt resorbiert werden und für den positiven Effekt verantwortlich sind.

FOPs mag Blautia auch und vermehrt sich. Mäuse erhielten zusätzlich zu einer fettreichen Ernährung FOPs und verloren trotzdem Gewicht, wobei sich Blautia in ihrem Darm deutlich vermehrte. Die Studie ergab insgesamt eine negative Korrelation zwischen Blautia und den Krankheitsmarkern für Übergewicht und dazugehörige Stoffwechselstörungen: Also je mehr Blautia, desto schlanker und gesünder ist der Wirt.

FOPs (non-digestible feruloylated oligo- and polysaccharides) sind nach einem komplizierten Verfahren aus Mais gewonnenen Ballaststoffe. Ob schnöder Mais es auch tut, verraten die Autoren der Studie nicht.

Auch Kartoffelfasern und gefriergetrocknete Sojamilch sind gut für Blautien. Sojamilch scheint einen Einfluss auf das gute HDL Cholesterin zu haben. Außerdem steigert sie die Aktivität der Gene, deren Produkte die Tight Junctions, also den Zellverbindungen zwischen den Darmepithelzellen, bilden. Die müssen immer fit und dicht sein, sonst kann sich ein „Leaky Gut“ entwickeln.

Auch mit FOS in der Nahrung vermehren sich Blautien. FOS (Fructo-Oligosaccharide) sind natürliche Ballaststoffe und kommen in pflanzlicher Nahrung vor. Nicht mit FOPs verwechseln.

Da kann man nur hoffen, dass einem das Leben Zitronen gibt… 😉

Blautia schätzt die Polyphenole aus Zitrusfrüchten
Blautia schätzt die Polyphenole aus Zitrusfrüchten / Bild von Obodai26 auf Pixabay

Quelle:

Liu, Xuemei et al. “Blautia-a new functional genus with potential probiotic properties?.” Gut microbes vol. 13,1 (2021): 1-21. doi:10.1080/19490976.2021.1875796







Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert