Von Bifidobakterien hat man schon gehört, oder? Sie werden oft zusammen mit Lactobacillen genannt und auch oft mit ihnen zusammen in Probiotika gepackt.
Bifidobakterien sind vor allem in der ganz frühen Kindheit, bei Neugeborenen wichtig. Im Lauf des Lebens nimmt ihre Zahl im Mikrobiom ab, und auch die vertretenen Arten ändern sich. Während bei Säuglingen B. infantis dominiert, gibt es bei Erwachsenen vermehrt B. adolescentis. Überraschung!
Was sind Bifidobakterien?
Bifidobakterien stellen eine eigene Familie aus dem Stamm der Actinobacteria. Das ist ein Stamm, der in unserem Darm-Mikrobiom nicht so oft vorkommt. Es gibt mehr als 50 verschiedene Arten (Stand 2017) und es werden ständig mehr. (Man kennt tatsächlich nur die allerwenigsten Bakterien. Sie sind halt so klein und oft kann man sie nicht kultivieren. Da helfen nur molekularbiologische Methoden)
Bifidobacterien verhalten sich sehr ähnlich wie Milchsäurebakterien. Sie vergären Einfachzucker zu Acetat, Lactat und Ethanol, genau wie (heterofermentative) Milchsäurebakterien, nur eben auf einem anderen Stoffwechselweg.
Bifidobakterien, die Pioniere im Säuglingsdarm
Bifidobakterien sind vor allem für Säuglinge enorm wichtig. Sie gehören zu den ersten Siedlern im Darm. Sie sind in der Muttermilch enthalten und nicht nur das: Die Milch enthält auch gleich ein Lunchpaket für sie, damit sie sich im Darm gut etablieren können. Die HMOs (Human Milk Oligosaccharides) sind lösliche Ballaststoffe (oder auch Präbiotika), die dem Kind nichts nützen, wohl aber seinen Darmbewohnern. Die Bifidobakterien können sie abbauen und sich mit ihrer Hilfe vermehren. Ziemlich genial, oder? Kuhmilch enthält solche HMO übrigens nicht. Auch nichts Vergleichbares, wie BMO. Deshalb haben Flaschenkinder gegenüber gestillten Säuglingen einen gravierenden Nachteil, wobei man in letzter Zeit (seit man weiß, dass es HMO überhaupt gibt. Das ist nicht lange) versucht, sie künstlich zuzusetzen.
Bifidobakterien schaffen im Darm das passende Milieu und ermöglichen es so anderen Bakterien, sich später dort niederzulassen. Die gesundheitlichen Vorteile, die Bifidos dann vermitteln, sind das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels mit anderen Darmbewohnern und dem Wirt, also uns. Wenn es gelingt – oder versehentlich passiert, die Zusammensetzung und Stärke der verschiedenen Bifidobakterien zu verändern, kann man damit die gesamte Darmpopulation verändern.
Bifidobakterien machen nämlich gerne gemeinsame Sache mit andern Darmbewohnern. Es gibt beispielsweise „Überlieferungen“, dass Bacteroides thetaiotaomicron verschiedene Zucker besser abbauen kann, wenn Bifidobacterium longum anwesend ist. Und auch Bacteroides fragilis und Faecalibacterium prausnitzii verändern ihren Stoffwechsel, wenn Bifidobakterien anwesend sind und Polysaccharide in die abgeben. Und auch zwischen Bifidobacterium longum und Eubacterium rectale findet ein sogenanntes „Crossfeeding“ statt.
Im späteren Leben ist alles anders
Nach dem Abstillen nimmt die Anzahl der Bifidobakterien im Darm ab und andere Bakterien, wie Bacteroides und Eubacterium übernehmen die Führung. Bei Erwachsenen machen Bifidobakterien aber noch etwa 4 % der Gesamtpopulation aus. Es sind aber andere Bifido-Arten und es gibt sogar Hinweise, dass die Bifidobakterien der Erwachsenen keine HMO abbauen können. Aber Bifidos lieben trotzdem Präbiotika. Mit Inulin und Co. kann man sie vermehren und dafür sorgen, dass man immer genug von ihnen im Darm hat.
Gesundheitliche Effekte der guten Bifidos
Die gesundheitlichen Effekte für Erwachsene sind tatsächlich gar nicht so gut erforscht. Aber eine verringerte Anzahl von Bifidobakterien korreliert mit einer Überrepräsentation von pathogenen Arten und einem diffusen Krankheitsrisiko. Bifidobakterien produzieren organische Säuren, antibakterielle Peptide (kurze Proteine) und andere Metabolite, die das Wachstum von Pathogenen hemmen oder das Immunsystem stimulieren. Jede Bifidobacterium Art übt dabei ihren eigenen, ganz persönlichen Effekt auf das Immunsystem aus. Und weil Allergien ja immer auch was mit dem Immunsystem zu tun haben, helfen die Guten auch hier.
Bifidobakterien schützen vor oder helfen bei Darmerkrankungen, wie Durchfall (nach verschiedenen Ursachen, wie Clostridium difficile Infektionen oder als Nebenwirkung einer Chemotherapie), Reizdarm oder entzündlichen Darmerkrankungen (wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn).
Bifidobakterien und Probiotika
Bifidobakterien sind häufig in Probiotika enthalten. B. adolescentis, B. animalis, B. bifidum, B. breve, and B. longum sind als sicher anerkannt und zugelassen.
Forschende tun sich aber schwer, die positive Wirkung probiotischer Präparate nachzuweisen. Bifidobakterien verhalten sich außerdem unterschiedlich, je nachdem, wie sie verabreicht werden, etwa in Frischmilch oder Joghurt. Das muss man sich mal vorstellen: Du steigst in den Zug, und wenn Du aussteigst, bist Du Koch. Aber wenn Du mit dem Auto kommst, steigst Du als Kellner aus.
Quelle:
Hidalgo-Cantabrana, Claudio et al. “Bifidobacteria and Their Health-Promoting Effects.” Microbiology spectrum vol. 5,3 (2017): 10.1128/microbiolspec.BAD-0010-2016. doi:10.1128/microbiolspec.BAD-0010-2016
2 Gedanken zu “Bifidobakterien, die Pioniere im Darm”