Großlochkäse! Was für ein wunderbares Wort. Aber selbst Experten gehen davon aus, dass diesen Begriff niemand kennt und nennen ihre Forschungsobjekte deshalb „Käse Typ Emmentaler“. Dazu gehören Hartkäsesorten mit großen Löchern. Für ganz laienhafte Käseesser ist vielleicht noch wichtig, dass neben dem Wirrwarr verschiedener „Emmentaler“ auch noch sogenannte Typ Emmentaler-Halbhartkäse gehören. Wegen ihrer Herstellungsweise, die eine Mischung zwischen Emmentaler und Gouda darstellt, nennt man sie auch Goutaler. Und unter ihnen findet man viele Bekannte aus der Käsetheke im Supermarkt: Jarlsberg, Maas- und Leerdammer oder Fol Epi.
Was ist nun das Besondere an Emmentaler und Co?
Ganz klar: Es sind die Löcher, denn sie weisen auf die Aktivität von Propionibacterium, einem ganz speziellen Käsebakterium, hin. Propionibakterien werde aktiv, wenn andere Bakterien ihre Arbeit bereits verrichtet und Milchsäure produziert haben. Milchsäure stammt in Emmentaler aus der Milchsäuregärung von Streptococcus und Lactobacillus. Bisher alles ganz normal. Aber dann kommt Propionibacterium freudenreichii und führt eine sekundäre Gärung durch. Es fermentiert Milchsäure zu Propionat.
Es benutzt dazu einen unheimlich cleveren Stoffwechselweg, dem Methyl-Malonyl-CoA Weg. bei dem zweimal wichtige Zwischenprodukte recycelt werden. So sparen die Bakterien Energie. Von denen kann man noch was lernen. Aber das nur nebenbei.
Jedenfalls verleiht ihre Gärung dem Emmentaler und anderem „Großlochkäse“ 🙂 sein besonderes mildes, nussiges, süßliches Aroma. Und eine ordentliche Portion Propionat.
Im Durchschnitt enthält Großlochkäse etwa 4,5 g/kg Propionat. Für eine tägliche Dosis Propionat reichen also gut 100g Käse.
Qualität erkennt man nicht an den Löchern
Emmentaler Käse gibt es schon seit dem 12. Jahrhundert. Ursprünglich galten die Löcher als Fehler und Hinweis auf schlechte hygienische Bedingungen und Käsemeister versuchten tunlichst sie zu vermeiden.
Zur Lochbildung braucht es nämlich nicht nur Gas, nämlich Kohlendioxid, sondern auch Lochansatzstellen im Käseteig. Das sind mikroskopisch kleine Hohlräume, meist Verunreinigungen, in der Regel Heustaub, in denen sich die ersten Gasmoleküle sammeln.
Deswegen hatte der Emmentaler in der guten alten Zeit im Winter größere Löcher, weil die Kühe da Heu zum Essen bekamen. Bessere hygienische Bedingungen und moderne Methoden der Milchaufbereitung, wie Filtration oder Zentrifugation, ließen die Löcher aber mit der Zeit schrumpfen. Die Leute wollen aber Löcher im Käse und so setzt man heut künstlich lebensmitteltaugliche Mikropartikel ein, an denen sich das Gas sammeln kann und die Löcherwelt ist wieder in Ordnung.
Der Geschmack ist nicht alles
Es ist vielleicht schon durchgeklungen: Emmentaler sollte man nicht nur wegen seines Geschmackes schätzen, sondern auch wegen seines hohen Gehalts an Propionat. Propionat ist eine kurzkettige Fettsäure und die haben einiges auf dem Kasten und können sich sehr positiv auf unsere Gesundheit auswirken. Kurzkettige Fettsäuren erhalten wir hauptsächlich als Gärungsprodukte unserer Darmbakterien. Aber im Grunde ist es egal, ob wir die sie mit der Nahrung aufnehmen oder ob sie im Darm entstehen.
Also ruhig mal herzhaft in den Käse beißen.
Quelle:
Käse Typ Emmentaler
Überblick über die Arten von Hart- und
Halbhartkäse mit Propionsäuregärung und über
spezifische Aspekte ihrer Herstellung, ihrer Qualität
und der Ernährung
Marie-Therese Fröhlich-Wyder, Walter Bisig, Dominik Guggisberg,
Hans-Peter Bachmann, Barbara Guggenbühl, Meral Turgay und
Daniel Wechsler
Agroscope Science Nr 134/2022