Eigentlich ging es den Autoren der Studie ums Futter für gute Darmbakterien darum, wie langfristige Ernährungsgewohnheiten sich auf entzündliche Prozesse im Darm und seine Bewohner auswirken. Ganz nebenbei ist dabei noch herausgekommen, wie sich die Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms durch die Nahrung verschiebt und welche Darmbewohner besonders gerne von welchem Buffet naschen und sich vermehren. Oder es gar nicht mögen und verschwinden.
Dass das Darm-Mikrobiom ordentlich zu unserer Gesundheit oder Krankheit beiträgt, ist ja bekannt. Viel Einfluss nimmt es wahrscheinlich, indem es den Entzündungsstatus beeinflusst. Manche Darmbakterien wirken entzündungsfördernd, andere entzündungshemmend. Alle konkurrieren um Nahrung und mit der Bakterienpopulation steht und fällt das Gleichgewicht im Darm. Man spricht immer davon, dass bestimmte Nahrungsmittel entzündungshemmend oder -fördernd sind. Wahrscheinlich sind es aber die Darmbakterien, die diesen Effekt vermitteln.
Gesättigte Fette, Salz, Zucker, Häm (wie es zum Beispiel im Blutfarbstoff Hämoglobin vorkommt) und ein Mangel an Ballaststoffen wirken entzündungsfördernd. Dann sind Bakterien aktiv, deren Stoffwechsel das Immunsystem aktiviert.
Zusatzstoff aus der Lebensmittelindustrie, wie Emulgatoren, Konservierungsmittel oder Süßstoffe schwächen die Darmbarriere und führen zu einer Belastung des Körpers mit Endotoxinen. Auch nicht gut.
Ballaststoffe und Tryptophan machen sich dagegen gut, stabilisieren das Immunsystem dahingehend, dass es weder überreagiert noch schläft und unterstützen die Gesundheit des Darmes.
Das Buffet für gute Darmbakterien
Die Nahrung, die wir zu uns nehmen, ist nicht willkürlich aus einer breiten Palette entnommen, sondern tritt bevorzugt in bestimmten Gruppierungen auf. Das ist eigentlich klar: Pommes mit Mayo, Chiasamen mit Sojamilch, aber nicht Leberwurst mit Marmelade.
Insgesamt 25 solcher Cluster fanden die Leute. Getreide und Milchprodukte werden gemeinsam verzehrt, ebenso wie Fleisch, Kartoffeln und Soße. Das „Fast Food Cluster“ setzte sich aus Pommes frites, Fleisch, Mayo, herzhaften Snacks und Softdrinks zusammen.
In weiteren Analysen untersuchten die Forschenden, ob auch die Zusammensetzung der Darmbakterien und/oder ihre Stoffwechselleistungen bestimmten Mustern folgt. Sie fanden 29 Bakteriencluster und 31 Stoffwechselcluster.
In weiteren Untersuchungen fanden sie statistisch signifikante Assoziationen zwischen 13 Essensclustern und 24 Bakterienclustern. Ein einzelnes Essenscluster kann also mit mehreren Bakteriengruppen korrelieren.
Pflanzliches Protein, Kohlenhydrate oder Rotwein beeindruckt, jeweils einzeln betrachtet, die meisten Bakterien. An zweiter Stelle standen Fisch, Nüsse und tierisches Eiweiß. Das bedeutet nur, dass diese Gruppen großen Einfluss nehmen, sagen aber nichts darüber aus, ob der gut oder schlecht ist.
Manche Arten waren von der Ernährungsweise ihres Wirts besonders stark beeinflusst. Darunter Lactobacillus sakei, ein bestimmter Stamm von Roseburia hominis, Faecalibacterium prausnitzii, Bifidobacterium adolescentis und Ruminococcus obeum.
Brot und Hülsenfrüchte verdrängen E. coli, Bacteroides fragilis und Parabacteroides.
Über Nüsse, fetten Fisch, Obst, Gemüse und Getreide, also eine typisch mediterrane Kost, freuen sich die Produzenten kurzkettiger Fettsäuren und vermehren sich.
Wer sitzt am Buffet?
Vor allem Faecalibacterium prausnitzii mag Obst, Rotwein und fetten Fisch. Bei stark zuckerhaltigem Futter macht er sich dagegen rar.
Fetten Fisch mag auch Roseburia, außerdem Nüsse, Gemüse, Hülsenfrüchte, Getreide und pflanzliches Protein.
Viele Acetat- und Butyratbildner mögen Rotwein. Aber Bifidobacterium nicht. Das ist schade, denn der gehört auch zu den guten Darmbakterien. Auch Faecalibacterium prausnitzii, Eubacterium hallii, Ruminococcus obeum, Ruminococcus lactaris, Anaerostipes hadrus and Alistipes putredinis mögen Rotwein.
Oscillibacter steht auf Kaffee.
Wer reichlich fermentierte Milchprodukte speist, kann sich über eine große Community von Milchsäurebakterien freuen.
Die Darmbakterien tragen mit ihrer Syntheseleistung nicht unwesentliich zur Versorgung mit essenziellen Nährstoffen bei. Die ist eng mit dem Verzehr von pflanzlichem Protein assoziiert. Mit der Aufnahme von pflanzlichem Protein steigt auch der Gehalt an kurzkettigen Fettsäuren und verschiedenen Vitaminen.
Pflanzliche und tierische Nahrung zeigt entgegengesetzte Effekte
Es ist ja immer die Rede davon, dass man im Darm am besten Angehörige des Stammes Bacteroidetes beherbergen soll und Firmicutes eher kritisch zu betrachten sind. (Mein persönlicher Eindruck nach der Lektüre hunderter Fachartikel ist, dass ich Firmicutes toll finde: Sie sind Milchsäurebakterien, oder Butyratbildner, usw. – aber ein ganzer Bakterienstamm enthält sicher auch viele unerwünschte Typen. )
Der Verzehr von tierischem Eiweiß und Fett geht jedenfalls generell mit einem hohen Anteil an Firmicutes einher, während eine negative Korrelation mit pflanzlichem Eiweiß und Kohlenhydraten besteht.
Bifidobakterien, die zum Stamm der Actinobacteria gehören, gedeihen ebenfalls gut bei Brot und Pflanzenprotein. Fett, tierisches Protein, Käse und Fisch mögen sie laut der Studie nicht.
Der Verzehr von Fast Food, Fleisch, Fritten mit Mayo, Softdrinks, ist assoziiert mit höheren Populationsdichten von Blautia (eine von den Guten), Lachnospiraceae (Butyratbildner) und Clostridium bolteae.
Quelle:
Bolte, Laura A et al. “Long-term dietary patterns are associated with pro-inflammatory and anti-inflammatory features of the gut microbiome.” Gut vol. 70,7 (2021): 1287-1298. doi:10.1136/gutjnl-2020-322670