Sport verändert, wie viele Lifestyle Faktoren, das Mikrobiom im Darm. Eines dieser Darmbakterien ist Veillonella, das sich durch den besonderen Stoffwechsel von Hochleistungssportlern vermehrt und zum Dank für das gute Futter deren Leistungsfähigkeit steigert.
Wer ist Veillonella?
Veillonella ist eine Bakteriengattung, die zum Stamm der Firmicutes gehört, obwohl sie die doppelschichtige (aber weniger stabile) Zellwand der Gram negativen Bakterien besitzt. Das ist ziemlich ungewöhnlich.
Es sind drei Arten bekannt: V. parvula, V. dispar und V. atypica. Es steht aber schon fest, dass da noch mehr folgen werden.
Veillonella gehört zur normalen Flora des Menschen und anderer Tiere. Im Mund kann sie Auslöser von Karies sein. Im Darm kann V. parvula unter bestimmten Bedingungen pathogen werden. Viele Veillonellen sind resistent gegen Penicillin.
Veillonella ist anaerob, kann aber keine Kohlenhydrate verwerten, weil ihr das erste Enzym, dass zum Abbau von Glucose oder Fructose nötig ist, fehlt. Zu doof aber auch. Stattdessen fermentiert sie Lactat über den sogenannten Methylmalonyl-CoA Weg und produziert dabei Propionat. Auf dem gesamten Weg entsteht nur 1 ATP. Viel Arbeit für wenig Ertrag. Wahrscheinlich kann Veillonella deshalb immer ein wenig Substrat im Form von Lactat gut gebrauchen, denn dann kann sie wachsen und gedeihen.
Lactat entsteht in unserem Stoffwechsel bei heftiger körperlicher Anstrengung, wenn uns die Puste ausgeht und wir ins Schnaufen kommen. Dann reicht die Kapazität der Atmung in den Mitochondrien nicht mehr aus und für ein schnelles ATP begehen wir den Weg der Milchsäuregärung. Dabei entsteht Lactat. Und das schmeckt Veillonella.
Lactat kann tatsächlich aus unserem Stoffwechsel in den Darm übertreten. Das haben Experimente gezeigt. So wird es für Veillonella nutzbar. Aber von vorne:
Von Menschen und Mäusen
Forschende begaben sich auf die Suche nach Bakterien, deren Vermehrung irgendwie von körperlicher Aktivität abhängt. Dazu nahmen sie täglich Stuhlproben von Marathonläufern und bewegungsarmen Zeitgenossen zur Kontrolle, über einen Zeitraum von einer Woche vor und nach dem Wettkampf. Sie fanden, dass Veillonella sich durch das Training deutlich vermehrte.
Sie fanden nicht nur viele Veillonellen, sondern auch eine Gruppe von Genen, die bei den trainierten Personen besonders aktiv waren, darunter alle Gene, die für den Methylmalonyl-CoA Weg nötig sind.
Experimente mit Mäusen zeigten, dass Veillonella atypica tatsächlich die Leistungsfähigkeit der Tiere steigerte. Die Forschenden verabreichten den Mäusen V. atypica oder zur Kontrolle L. bulgaricus, ein Milchsäurebakterium, und durchaus ein netter Kerl. Die Mäuse mussten dann bis zur Erschöpfung in einem Laufrad laufen. Die Mäuse, die V. atypica erhielten, zeigten eine deutlich bessere Leistung als die Kontrollgruppe.
Wie erreicht Veillonella das?
Veillonella produziert Propionat, was ja eine kurzkettige Fettsäure ist. Ist es das Propionat selbst, dass irgendwie dir Leitungsfähigkeit steigert? Um das herauszufinden, injizierten die Forschenden den Mäusen Propionat direkt in den Darm, um sicherzugehen, dass das Propionat tatsächlich anwesend und nicht auf dem Weg durch den Verdauungstrakt verloren gegangen ist.
Und tatsächlich konnte auch Propionat die Leistungsfähigkeit der Mäuse steigern, ähnlich wie Veillonella das tat.
Von Propionat weiß man, dass es „schlank macht“. Unter anderem steigert es den Grundumsatz und die Fettverbrennung. Auch Akkermansia, das Bakterium der Schlanken und Sportlichen produziert Propionat – aber auf anderem Weg. Und auch in Emmentaler ist Propionat enthalten. Das stammt aus der für Großlochkäse typischen Fermentation. Das nur so.
Quelle:
Scheiman, Jonathan et al. “Meta-omics analysis of elite athletes identifies a performance-enhancing microbe that functions via lactate metabolism.” Nature medicine vol. 25,7 (2019): 1104-1109. doi:10.1038/s41591-019-0485-4