Juli 30, 2025

Gute Futterverwerter durch Methanbildner im Darm?

Nicht nur Rinder sind gute Futterverwerter

In unserem Darm tummeln sich neben Bakterien noch andere Mikroorganismen, und manche von ihnen stehen nun in Verdacht, gute Futterverwerter aus uns zu machen. Möglicherweise sorgen sogenannte methanogene Archaeen dafür, dass manche Individuen einfach mehr Energie aus der Nahrung ziehen und sie als Hüftgold abspeichern.

Archaeen sind eine große Gruppe von Mikroorganismen, eine ganze Domäne sogar, die den Bakterien sehr ähnlich ist und sich nur in einigen Eigenschaften der Zellstruktur von ihnen unterscheiden. Archaeen sind – der Name deutet es schon an – sehr „altertümliche“ Organismen, die unter extremen Bedingungen, wie starker Hitze oder hohem Druck, existieren können. Aber es gibt sie auch in unserem Darm.

Einige unserer Darmbewohner gehören zu den methanogenen Archaeen. Sie gehen einen energetisch nicht sehr einträglichen Weg der Energiegewinnung, indem sie Wasserstoff und Kohlendioxid zu Methan und Wasser umsetzen. Es gibt aber Hinweise darauf, dass diese bescheidenen Organismen trotzdem viel Einfluss auf den Stoffwechsel ihrer Wirte haben. Die ersten Indizien stammen von Tiermodellen und sind wie so oft nicht eindeutig.

Forschende untersuchten deshalb, wie sich die Bildung von Methan durch auf die Produktion von kurzkettige Fettsäuren durch unsere Darmbakterien auswirkt und was das für unsere Energieausbeute aus der Nahrung bedeutet. Dabei geht es eigentlich nicht wirklich um Methan, sondern um Wasserstoff, der bei verschiedenen bakteriellen Gärungsprozessen entsteht und von den Methanogenen verbraucht wird.

Warum ist Wasserstoff so interessant?

Wenn sich Wasserstoff im Milieu anhäuft, wird es für die Bakterien immer weniger lohnend, ihn zu produzieren und ihr gesamter Stoffwechsel gerät ins Wanken. Es ist, als ob man etwas auf einen immer höher werdenden Berg werfen müsste. Irgendwann würde es mehr Energie kosten, als man gewinnt und die Reaktion kommt zum Stillstand. Ob bei dieser Reaktion noch Energie frei wird, hängt davon ab, wie viel Wasserstoff sich schon angehäuft hat. Und hier kommen die Methanogenen ins Spiel – denn sie verbrauchen Wasserstoff zur Energiegewinnung. Dann sinkt dessen Konzentration und die Bakterien könnten mit ihrer Fermentation fortfahren. Das würde die Produktion von kurzkettige Fettsäuren steigern. Davon könnten dann zuerst die Darmepithelzellen und schließlich der ganze Wirtsstoffwechsel profitieren und gute Futterverwerter aus uns machen.

So gingen die Forschenden vor

Die Forschenden rekrutierten 17 Probanden, die bereit waren, an einer Ernährungsstudie teilzunehmen, Sie erhielten eine energetisch ausgewogene Kost, die exakt und individuell auf ihren Energieverbrauch abgestimmt war. Entweder die so verpönte „westliche Ernährung“ oder eine „Restore Diät“, mit viel Prä- und Probiotika, guten Fetten, Polyphenolen, u.s.w., die speziell auf die Bedürfnisse des Darm-Mikrobioms zugeschnitten war. Der Energieverbrauch der Teilnehmer wurde in einem Ganzraumkalorimeter erfasst, das wirklich den gesamten Energiefluss protokolliert. Außerdem wurde das Darm-Mikrobiom anhand von Stuhlproben bestimmt.

Sie untersuchten die Verbreitung Wasserstoff verbrauchender Mikroorganismen im Darm. Neben den methanogenen Archaeen können nämlich auch Bakterien Wasserstoff für verschiedene Stoffwechselaktivitäten nutzen. Manche Bakterien, wie Blautia oder Roseburia, verwenden ihn für ihre sogenannte Homoacetatgärung, Sulfat reduzierende Bakterien, wie Desulfovibrio, um Schwefelwasserstoff zu produzieren.

Vertreter dieser beiden Gruppen fand man in allen Teilnehmern der Studie. Methanogene Archaeen waren nur in etwa der Hälfte der Probanden nachweisbar. Der wichtigste Methanogene im menschlichen Darm ist Methanobrevibacter smithii.

Welche Folgen hat das für uns Wirte?

Die Anwesenheit von Methanogen kann starke Auswirkungen auf andere Darmbewohner haben. Wenn man Methanogene in ihrer Aktivität hemmt, übernehmen Sulfat reduzierende ihre Rolle in der Entsorgung von Wasserstoff. Diese Bakterien sind aber keine gern gesehenen Darmbewohner, denn Schwefelwasserstoff ist giftig. Inn dieser Hinsicht wären Methanogene herzlich willkommen.

Aber andere Bakterien, wie Bacteroides thetaiotaomicron, bilden in Anwesenheit von Methanogenen mehr Enzyme, die Polysaccharide abbauen. Dann gibt es auch mehr Zucker, der fermentiert werden kann.

Wenn Methanogene im Darm vorhanden sind, dann entweder sehr viele oder sehr wenige. Man kann davon ausgehen, dass viele Methanogene viel Methan produzieren – schließlich ist es ihre einzige Einnahmequelle. Nun hat sich gezeigt, dass bei hoher Methanproduktion im Darm in Blutserum mehr Propionat vorhanden ist. Das könnte daran liegen, dass Methanogene Wasserstoff entfernen, der sonst die Fermentation hemmen könnte.

Falls die Methanogenen die Produktion von Propionat tatsächlich steigern, dann indirekt, denn sie selbst können keines produzieren. Also – wer war’s?

Um das herauszufinden, untersuchten die Forschenden, welche bakteriellen Gene zur Propionatsynthese, einhergehend mit besonders hoher Methanproduktion, besonders aktiv sind. Das findet man heraus, indem man die Anzahl ihrer Transkripte bestimmt. Das sind die Abschriften der DNA, die schließlich zur Proteinsynthese herangezogen werden. Viele Transkripte bedeuten hochaktive Gene. Und sie entlarvten tatsächlich ein Gen, nämlich mmd, das bei hoher Methanproduktion besonders aktiv ist und an der Produktion von Propionat beteiligt ist. Die Träger dieses Gens produzieren auch das Propionat. Leider verraten die Autoren der Studie nicht, um wen es sich handelt.

Wie wirkt sich die erhöhte Propionatproduktion auf den Energieumsatz der Wirte aus?

Man schätzt, dass mikrobiell erzeugte kurzkettige Fettsäuren bis zu 10 % zur täglichen Kalorienaufnahme beitragen. In dieser Studie zeigte sich, dass bei hoher Methanproduktion den Probanden deutlich mehr Energie zur Verfügung stand, obwohl sie nicht mehr gegessen hatten. Gute Futterverwerter dank erhöhter Energieausbeute waren allerdings nur die Teilnehmer geworden, die die mikrobiomfreundlichen Restore Diät verzehrt hatten, nicht die westliche Ernährung. (Das wäre dann mal ein Fall, wo westliche Ernährung schlank macht 🙂 )

Ein Trio aus Fermentierern, Propionatproduzenten und Methanogenen ist am Werk

Die Forschenden untersuchten, ob zusammen mit M. smithii, dem wichtigsten Methanogenen in unserem Darm, noch andere Bakterien in Erscheinung treten, die die Mikrobengesellschaft im Hinblick auf die Fermentation optimieren könnten. Sie fanden 22 Bakterienarten.

In Mischkulturen zeigte sich, dass sich in Anwesenheit von Methanogenen das bakterielle Stoffwechselgeschehen zum Abbau von Polysacchariden hin verschiebt.

Hier schient ein ganzes Netzwerk von Ballaststoffe zu Zucker abbauenden Bakterien, fermentierenden Bakterien, von denen wohl einige Propionat produzieren, und Methanogenen, die die Fermentation energetisch lohnenswert halten, am Werk zu sein. Für den Wirt bedeutet das, dass ihm aus derselben Menge Nahrung mehr Energie zur Verfügung steht. Das macht gute Futterverwerter. 🙂

Quelle:

Dirks B, Davis TL, Carnero EA, Corbin KD, Smith SR, Rittmann BE, Krajmalnik-Brown R. Methanogenesis associated with altered microbial production of short-chain fatty acids and human-host metabolizable energy. ISME J. 2025 Jan 2;19(1):wraf103. doi: 10.1093/ismejo/wraf103. PMID: 40403748; PMCID: PMC12156016.

Bild von unbekannt auf pixabay

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