Dezember 5, 2024

C. difficile – so garstig können Darmbakterien sein

Mit C. difficile ist nicht gut Kirschen essen

C. difficile. Der Name sagt es schon: Dieses Darmbakterium kann richtig Ärger machen. Wenn seine Stunde gekommen ist, verursacht es heftigen Durchfall und Entzündungen des Darmes. In 15 % der Fälle endet das sogar tödlich.

Clostrioides difficile ist ein sporenbildendes, anaerobes Bakterium, das weit verbreitet ist und auch unser Verdauungssystem besiedeln kann. Früher wurde es übrigens zur Gattung Clostridium gezählt. Es wird durch Fäkalverunreinigungen übertragen und ist hoch ansteckend. Die Sporen sind sehr stabil und trotzen Sauerstoff, Hitze, Strahlung, Trockenheit und Desinfektionsmitteln. Die meisten Antibiotika können den vegetativen Zellen von Natur aus nichts anhaben. Im Gegenteil: sie können davon sogar noch profitieren und die Sporen sind sowieso immun. So garstig können Bakterien sein.

Der Lebenszyklus von C. difficile

Bakterien folgen eigentlich keinem besonderen Zyklus. Sie teilen sich einfach. Aber Sporenbildner, wie C. difficile, können unter ungünstigen Bedingungen als Reaktion auf Umweltreize, wie zum Beispiel die Nährstoffversorgung, ein Notfallprogramm starten und ihr Überleben in hochstabilen Sporen, quasi bakteriellen Raumkapseln 😉 sichern.

Wenn die Umweltbedingungen ungünstig sind, entstehen Sporen durch eine asymmetrische Zellteilung, bei der die Tochterzelle im Zellinneren verbleibt und noch tüchtig mit verschiedenen Schutzschichten eingepackt wird. Peptidoglykan ist dabei. Das ist ein gängiger Baustoff für Bakterienzellwände. Auf der äußeren Oberfläche entstehen noch dicke Schichten aus Protein.

In dieser Verpackung hat C. difficile keine Schwierigkeiten, den Verdauungstrakt zu passieren. Wenn die Umstände sich wieder bessern, keimt er wieder aus und besiedelt den Darm. Als Startzeichen für die Keimung nutzt er chemische Signale. Zum Beispiel Gallensäuren. Ein sicheres Zeichen, dass er sich im Darm befindet. Das Auskeimen dauert nicht lange. Schon nach eineinhalb bis drei Stunden sind die vegetativen Zellen wieder da.

Pathogenität von C. difficile

C. difficile hat gleich mehrere Waffen, mit denen er seinem Wirt an den Kragen geht – oder eben an die Darmwand.

Die Toxine A und B gelangen ins Innere der Darmepithelzellen. Dort verpassen sie bestimmten Proteinen einen Zuckerrest und machen sie so unbrauchbar. Die Proteine sind sogenannte Rho-GTPasen und regulieren viele zelluläre Vorgänge. Betroffene Zellen sterben daher oft ab.

Zum Beispiel leidet die Funktion des Cytoskeletts. Das sind Strukturen im Zellinneren, die für die Stabilität der Zelle sorgen. Sie werden ständig auf- und abgebaut. C. difficile Toxine stören die sogenannten Actinfilamente, die der Zelle ihre äußere Form verleihen. Die Zellen runden sich ab, Tight Junctions, die „Knöpfe“, mit denen die Zellen zusammenhalten und eine Barriere bilden, reißen und die Darmbarriere ist geplatzt.

Dann gibt es noch das binäre Toxin. Es ist eine ADP-Ribosyltransferase nutzt einen typischen bakteriellen Pathogenitätsmechanismus, indem es bestimmten Proteinen einen Rest anhängt und sie dadurch inaktiviert. Hier greift es ebenfalls das Actin an und stört das Cytoskelett.

Auch die Oberflächenproteine von C. difficile tragen zur Pathogenität bei. Das Hauptprotein unterstützt die Kolonisierung, indem es hilft, sich an die Oberfläche der Darmepithelzellen anzuheften. Und es gibt noch viele andere Zellwandproteine, die zur Pathogenität beitragen. Spontane Mutanten, denen das Hauptoberflächenprotein fehlt, sind nicht virulent und besiedeln den Darm als friedliche Mitbewohner. Außerdem setzen sie viel weniger Toxine frei.

C. difficile kämpft gegen die Kolonisationsresistenz

Oder auch nicht. Vielleicht wartet es nur, bis seine Stunde gekommen ist. Infektionen treten oft nach Antibiotikatherapien auf. Die Antibiotika greifen die Bakterien des Darm-Mikrobioms an. C. difficile ist aber natürlicherweise gegen viele Antibiotika resistent. So können die ihm nichts anhaben, während das eubiotische Mikrobiom siech darnieder liegt.

Kolonisationsresistenz

Ein gesundes, fittes Darm-Mikrobiom verhindert die Ansiedlung von C. difficile. Man spricht von Kolonisationssresistenz. Wie genau das vor sich geht, ist wohl nicht bis ins Detail geklärt. Es kommen verschiedene Mechanismen infrage. Wahrscheinlich spielen mehrere zusammen.

Auf jeden Fall hat das Darm-Mikrobiom Einfluss auf den Verlauf einer C. difficile Infektion. Die Anwesenheit von Ballaststoff fermentierenden und Gallensäure abbauenden Darmbakterien lässt auf einen milderen Verlauf hoffen. Manche Bakterien, vor allem Enterobakterien, wie zum Beispiel Escherichia coli, heizen die Erkrankung noch an. Die Wechselwirkungen zwischen C. difficile und den andern Darmbakterien werden allmählich aufgeklärt.

Gallensäuren

Der Stoffwechsel der Gallensäuren scheint eine wichtige Rolle zu spielen. Gallensäuren werden von der Leber als primäre Gallensäuren gebildet und in den Darm abgegeben. Ihre Aufgabe ist es, Nahrungsfette zu emulgieren. Von den Darmbakterien werden sie zu sogenannten sekundären Gallensäuren umgebaut. Primäre Gallensäuren beeinflussen das Auskeimen der Sporen von C. difficile während sekundäre Gallensäuren das Wachstum der vegetativen Zellen hemmen. Einige Darmbakterien sind in der Lage, Gallensäuren zu verstoffwechseln. Fehlen diese Bakterien häufen sich primäre Gallensäuren an, sekundäre gibt es dagegen wenig. Gute Voraussetzungen für das Keinem und Wachstum unserer Freundchen.

Bakterielle Nährstoffe

Bacteroides ist ein kommensales Darmbakterium, das sich unter anderem von den Zuckerresten auf der Oberfläche der Schleimhaut ernähren kann. Dabei fällt Sialinsäure an. Ein begehrtes Substrat für das Wachstum vieler anderer Darmbakterien. Sind die tot, fällt alles für C. difficile an (vorausgesetzt, Bacteroides ist nicht auch gestorben).

Auch Succinat ist ein Substrat, das von einer aus dem Gleichgewicht geratenen Darmflora vorübergehend angereichert wird. Und C. difficile lässt es sich schmecken.

Bei schwereren Verläufen einer C. difficile Infektion findet man häufig auch vermehrt Enterokokken im Darm. E. faecalis ist eigentlich ein gutmütiges Darmbakterium. Aber es setzt Ornithin frei und verbraucht dabei Arginin. Ornithin kann C. difficile als Substrat zur Energiegewinnung nutzen. Arginin hemmt anscheinend die Produktion von Toxinen. Wenn also jemand Arginin verbraucht und Ornithin anhäuft, freut das unseren Clos diff.

TLR – Toll Like Rezeptoren

Toll-like-Rezeptoren gehören zum angeborenen Immunsystem. Sie erkennen bestimmte Strukturen, zum Beispiel PAMPS (Pathogen-Associated Molecular Patterns). Die kommen ausschließlich auf der Oberfläche von Krankheitserregern vor.

Flagellin ist ein Protein der bakteriellen Flagelle. Mit diesen extrazellulären Fortsätzen können sie sich aktiv fortbewegen. Wird einer dieser Toll Rezeptoren, TLR5, durch Flagellin aktiviert, genügt das, die Infektion durch C. difficile zu verhindern. Das Flagellin selbst darf gerne von anderen Bakterien stammen. Nach einer Antibiotikatherapie sind die aber eher selten.

TLR4 dagegen scheint direkt eine Rolle bei der Erkennung und Infektion durch C. difficile zu spielen.

C. difficile Therapie

Mit Antibiotika kann man in der C. difficile Therapie nicht viel ausrichten. Im Gegenteil, man kommt wahrscheinlich vom Regen in den Hagel. Aber ein gesundes, fittes, eubiotisches Darm-Mikrobiom ist ein guter Ansatz, die Bakterien an der Kolonisierung des Darmes zu hindern.

Manche Bakterien produzieren Bacteriocine, die ganz speziell gegen C. difficile wirken. Bacteriocine sind von Bakterien produzierte antimikrobielle Stoffe, meist kleine Proteine. Sie können Bakterienzellwände wie klein Dolche aufschlitzen. Die getroffenen Zellen bluten dann aus. Bacillus thuringensis mit seinem Thuricin ist ein Beispiel.

Clostridium scindens ist dagegen ein Bakterium, das ein Antibiotikum sekretiert. In Anwesenheit von Gallensäuren, also guten Wachstumsbedingungen, wirkt es besonders stark gegen C. difficile. In ähnlichen Ansätzen versucht man, Probiotika zu entwickeln, die die Kolonisierung durch Clostrioides difficile verhindern.

Ansonsten ist eine Stuhltransplantation die Methode der Wahl, dem Darm-Mikrobiom aus der Dysbiose zu helfen. Dabei werden lebende Bakterien von einem Spender auf den Darm eines Empfängers übertragen. Im Allgemeinen wird diese Therapie gut vertragen. Aber es besteht die Gefahr, mit dem Spenderstuhl auch unerwünschte Pathogene zu übertragen. Neue Darmbewohner, die in ihrem neuen Domizil keine „Feinde“ haben, können große Probleme bereiten.

Und dann gibt es noch nicht-toxigene Stämme von C. difficile, denen die Gene zur Giftstoffproduktion fehlen. Sie wären die idealen Kandidaten, ihre pathogenen Zwillinge zu verdrängen. Sie besiedeln schon heute spontan Krankenhauspatienten. Vielleicht gelingt es ja, aus diesen Wölfen Hunde zu machen.

Quellen:

Buddle, Jessica E, and Robert P Fagan. “Pathogenicity and virulence of Clostridioides difficile.” Virulence vol. 14,1 (2023): 2150452. doi:10.1080/21505594.2022.2150452

Wang, Ruojun. “Clostridioides difficile infection: microbe-microbe interactions and live biotherapeutics.” Frontiers in microbiology vol. 14 1182612. 9 May. 2023, doi:10.3389/fmicb.2023.1182612

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