März 12, 2025

Mit der Restore Diät zurück zu einem intakten Darm-Mikrobiom

Duie Ernährung der Papua Neuguinea ist der Urtyp einer Restore Diät

Das Leben in unserer industrialisierten Welt hat seine Vorteile. Die moderne Medizin und Lebensmittelsicherheit lassen die Lebenserwartung steigen. Infektionskrankheiten sind kein Thema mehr. Aber chronische, nicht-übertragbare Krankheiten entwickeln sich zunehmend zu einem Problem. Das sind vor allen Zivilisationskrankheiten, wie das metabolische Syndrom, das Fettleibigkeit, Diabetes, Bluthochdruck und schlechte Cholesterinwerte vereint. Wie so oft vermutete man die Darmbakterien als Ursprung der Probleme und eine Restore Diät soll der Gesundheit wieder auf die Beine helfen können.

Unser Lebensstil lässt das Mikrobiom verarmen

Das Voranschreiten der Zivilisationskrankheiten ist zum Teil auf unsere Lebensgewohnheiten zurückzuführen. Die wiederum führen zu Veränderungen unseres Darm-Mikrobioms. Man weiß, dass in den westlichen Gesellschaften das Darm-Mikrobiom verarmt. Die Artenvielfalt und Menge an Symbionten nimmt ab. Diese Veränderungen kann man beobachten, wenn Menschen aus urtümlichen Gesellschaften in der „westlichen Welt“ ihre Ernährungsgewohnheiten umstellen und das Mikrobiom sich im Verlauf der Generationen an die neuen Umstände anpasst.

Auch die Zusammensetzung von „Paleofäces“, fossilen Stuhlproben, gibt Aufschluss darüber, wer sich einst in einem gesunden Darm getummelt hat.

Unsere Hygienestandards erschweren die Übertragung von Bakterien und unsere Ernährungsgewohnheiten lassend die wichtigen Ballaststoffe fermentierenden Bakterien verhungern. Stattdessen vermehren sich entzündungsfördernde Liebhaber von Zucker und Fett. Wie der Herr, so der Hund, heißt es. Das gilt nicht nur für die liebenswerten Fellnasen, sondern auch für unsere Darmbakterien. 😉

Manche Bakterien hungern nicht nur, sie verschwinden mit der Zeit komplett. Limosilactobacillus reuteri ist so ein Kandidat. In den Därmen von Naturvölkern ist er reichlich vertreten. In unseren Därmen fehlt er mittlerweile. Von 41 Individuen, die an der gleich folgenden Studie teilnehmen wollten, war er tatsächlich nur in einem Darm anwesend. Und weil alle Teilnehmenden dieselben L. reuteri beherbergen sollten, durfte der dann nicht teilnehmen. Pech gehabt.

Eine Restore Diät soll den Urzustand wieder herstellen

Forschende entwickelten eine Ernährungsstrategie, mit der sie ein ursprüngliches Darm-Mikrobiom rekonstruieren wollten. (Wobei man sich natürlich fragen muss, was das sein soll. Menschen sind Allesfresser, leben in allen Ecken der Welt und folgen dabei sehr unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten. Wichtig ist wohl nur, dass es um „vorindustrielle“ Kost geht.)

Und weil L. reuteri der Megastar unter den probiotischen Darmbakterien ist und in fast allen industriegefütterten Mikrobiomen fehlt, während er in allen natürlich gefütterten Mikrobiomen anwesend ist, untersuchten die Forschenden gleich, ob der Niedergang unserer Gesundheit nicht allein an diesem Bakterium hängt.

Die Forschenden stellten sich zwei Fragen:

  • Wie wirkt die Restore Diät auf das Darm-Mikrobiom?
  • Ist es möglich, L. reuteri mit der Restore Diät in einem westlichen Darm wieder anzusiedeln? Und was macht das aus?

Die Probanden der Studie erhielten drei Wochen lang entweder die Restore Diät, die der Ernährungsweise der Papua Neuguina nachempfunden war, oder herkömmliche westliche Kost.

Die Restore Diät war pflanzenbasiert, aber nicht vegetarisch, enthielt weder Weizen noch Milchprodukte, aber reichlich Ballaststoffe. Glykämischer Index und Energiedichte der Speisen war gering, der Konsum von hoch verarbeiteten Produkten nach Möglichkeit vermieden. Insgesamt enthielt die Nahrung 60 % Kohlenhydrate, 15 % Protein und 25 % Fett.

Nach einer dreiwöchigen Pause wurde die Diät getauscht, Westler erhielten dann Naturkost und umgekehrt.

Zusätzlich teilten sie die Teilnehmer in drei Gruppen, von denen jeweils eine entweder einmalig ∼1010 lebende Zellen eines Isolates von L. reuteri aus Papua Neuguinea, dem Typstamm der bei der DSM hinterlegt ist (also dem westlichen Vetter des Isolates aus Neuguinea) oder Placebo.

Die Restore Diät verändert die Darmgesellschaft

Natürlich reagierten die Darmbakterien auf die Nahrungsumstellung. Aber die Veränderungen waren individuell sehr verschieden und konnten zu einem Großteil nicht auf die Nahrungsumstellung allein zurückgeführt werden.

Aber einige Darmbakterien zeigten bei allen Probanden deutliche und vor allen die gleichen Veränderungen.

Verschiedene gesundheitsfördernde Arten vermehrten sich während der Restore Diät: Bifidobacterium, Faecalibacterium, Roseburia und Lachnospira

Entzündungsfördernde gingen dagegen zurück: Bilophila wadsworthia, Alistipes putredinis, Ruminococcus torques oder Parabacteroides merdae.

Es fiel auf, dass viele der Arten, die sich bei der Restore Diät dünne machten, zu der Gruppe gehört, die in urbanisierten, modernen, industrialisierten Gesellschaften blühen. Die Arten, die typisch für nicht-industrialisierte Gesellschaften sind, vermehrten sich aber nicht – wahrscheinlich sind sie schon „ausgestorben“, wie L. reuteri.

Das Metabolom verändert sich

Die Zusammensetzung der verschiedenen, von den Bakterien eingeschlagenen Stoffwechselwegen veränderte sich auch. Bei der größeren Nahrungsvielfalt benötigen sie eben auch mehrere, verschiedene Werkzeuge. Vor allem gab es nun mehr sogenannte CAZymes, Enzyme, die Kohlenhydraten bearbeiten. Und hier wiederum sank der Anteil der Mucus degradierenden CAZymes. Die Bakterien knabberten nun also weniger an der Schleimhaut.

Diese Veränderungen waren allerdings nicht von Dauer. Nach Versuchsende, als alle Teilnehmer wieder ihre „Western Diet“ verzehrten, schnalzten die Veränderungen am Mikrobiom wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurück. Für dauerhafte Veränderungen braucht es viel mehr Zeit. Das haben verschiedene Studien gezeigt.

Insgesamt war mit der Restore Diät der pH im Darm gesunken. Das ist gut, denn es hemmt das Wachstum negativer Bakterien. Es gab auch mehr kurzkettige Fettsäuren, die die Darmepithelzellen ernähren, die Darmbarriere stabilisieren und etliche weitere positive Effekte auf unsere Gesundheit haben. Erstaunlicherweise gab es auch weniger verzweigtkettige Fettsäuren im Stuhl. Das sind Abbauprodukte von verzweigtkettigen Aminosäuren, nämlich Valin, Leucin und Isoleucin. Die Proteinfermentation spielte also keine große Rolle. Und das, obwohl es jeden Tag Fleisch zu essen gab. Die Bakterien fermentieren anscheinend lieber Kohlenhydrate als Proteine.

Und wie ist es L. reuteri ergangen?

Zwei Tage nach der Einnahme erschien er im Stuhl. Nach 12 bis 17 war er wieder aus dem Darm verschwunden. Nur bei einem einzigen Teilnehmer siedelte das Isolat aus Papua Neuguinea dauerhaft. Obwohl sich keiner der beiden Stämme dauerhaft ansiedeln konnte, gedieh der „wilde“ Stamm aus Papua Neuguinea besser als der „westliche“ Typstamm.

Und was haben wir von der Restore Diät?

Die Restore Diät hat einige Parameter verändert. Das Körpergewicht sank, wenn auch nur wenig, während der Diät. Die Cholesterinwerte und Nüchternblutzucker verbesserten sich, Entzündungsmarker gingen zurück.

Was gab es zu essen?

Insgesamt gab es vier Tagesmenüs, die jeweils abwechselnd serviert wurden. Zum Frühstück einen süßen oder herzhaften Porridge mit Naturreis, Topinambur und Kartoffeln, Hirse oder Bohnen mit Süßkartoffel.

Mittags kam ein üppiges Gemüsegericht auf den Tisch, mit Hülsenfrüchten und/oder Quinoa.

Abends gab es Tierisches. Täglich. Entweder Schweinelende, Lachs oder Hühnerbrust, jeweils mit reichlich Gemüse.

Klingt doch eigentlich ganz lecker.

Quelle:

Li, Fuyong et al. “Cardiometabolic benefits of a non-industrialized-type diet are linked to gut microbiome modulation.” Cell, S0092-8674(24)01477-6. 20 Jan. 2025, doi:10.1016/j.cell.2024.12.034

Bild von Gerrit Bril auf Pixabay

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